Erkelenz, den 04.03.2012
In der Ratssitzung am 08.02.2012 wurde der Haushaltsentwurf der Stadt Erkelenz für das Jahr 2012 verabschiedet. Die FDP unterstützt diesen Entwurf und den darin eingeschlagenen Weg der Haushaltskonsolidierung.
Die Rede des Fraktionsvorsitzenden Werner Krahe finden Sie hier:
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Rede zum Haushaltsentwurf 2012
(es gilt das gesprochene Wort)
Begrüßung und Dank an Lurweg, Kämmerer und Mitarbeiter:
Geehrter Herr Bürgermeister,
sehr geehrter Herr Schmitz,
meine sehr verehrten Damen und Herren!
Vorweg zunächst ein ganz herzliches Dankeschön an Herrn Schmitz und Herrn Lurweg für die Unterstützung bei unserer Haushaltsklausur. Vielen Dank!
Kurzabhandlung Haushalt:
Sehr geehrter Herr Schmitz,
wie erwartet, ist die von Ihnen präsentierte Vorlage formell und rechnerisch beanstandungsfrei, kompakt sowie übersichtlich und leider im Ergebnis – vorsichtig ausgedrückt – dramatisch.
In der Ergebnisrechnung übersteigen die Aufwendungen die Erträge so erheblich, dass unsere Ausgleichsrücklage schneller schmilzt, als Eis in der Sonne und wir spätestens 2013 auf die Allgemeine Rücklage zurückgreifen müssen.
Die mittelfristige Prognose sagt auch weiterhin deutliche Defizite und somit eine Reduzierung unseres Eigenkapitals voraus.
Die Finanzrechnung stellt sich ebenfalls erneut negativ dar. Der Saldo aus laufender Verwaltungstätigkeit ist auch weiterhin für unseren Finanzhaushalt nicht ent-, sondern belastend und nach Jahren des kontinuierlichen Schuldenabbaus wird sich nun im mittelfristigen Kalkulationszeitraum ein gewaltiges Schuldengebirge vor uns auftürmen, mit negativem Einfluss auf unsere Liquidität, und – über den Finanzierungsaufwand -zusätzlicher Belastung der Ergebnisrechnung.
Hinweis auf Ablehnungsgründe:
Dies alles könnte man „oppositionell“ sicherlich zur Begründung einer Haushaltsablehnung anführen. Eine einfache aber nachvollziehbare Einstellung und eine erfrischend kurze Rede.
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Notwendigkeit der gründlichen Analyse:
Meine Damen und Herren,
sie kennen uns und wissen, dass es der FDP vor allem beim Thema „Haushalt“ wichtig ist, Probleme zunächst sachlich aufzuarbeiten und sodann die richtigen Schlüsse zu ziehen, denn seit vielen Jahren liegt uns eine nachhaltige Haushaltspolitik mit Blick auf künftige Generationen ganz besonders am Herzen. Vielleicht erinnern sie sich ja noch an meine Rede zum Haushalt 2009. Damals wurde auf Antrag der FDP gleichzeitig mit dem Haushalt eine erste Zielvereinbarung zum Sparen beschlossen. Dies war zwar nicht die Geburtsstunde aber sicherlich die Zeugungsstunde der heutigen AG Sparen.
Wenn man also den nun vorliegenden Haushaltsentwurf mit seinen negativen Ergebnissen sachlich aufarbeitet, stellen sich zwangsläufig drei Fragen:
1. Was ist die Ursache?
2. Wie wirkt sie sich aus?
3. Wie gehen wir damit um?
1. Ursache:
Also fragen wir zuerst nach der Ursache der Misere:
Haben wir in der Vergangenheit schlecht gewirtschaftet und Geld sinnlos verprasst, wie es uns die Bürgerpartei ja vorwirft?
Die klare Antwort lautet: Nein!!!
In den letzten 15 Jahren haben wir sehr viele, bitter notwendige Investitionen realisiert, mit Schwerpunkten im Bereich der Schulsanierung, bei Sport- und Schwimmhallen sowie im Ausbau des Rathauses. Wir haben unsere Stadt weiterentwickelt, die öffentlichen Gebäude energetisch und nachhaltig modernisiert und den heutigen Herausforderungen angepasst sowie neue Wohn- und auch Gewerbeflächen erschlossen, die mit ihren kleinen und mittelständischen Betrieben einen ganz wichtigen Beitrag zum städtischen Haushalt und auch zur Arbeitsplatzsicherung leisten.
Zudem haben in unseren Gewerbegebieten auch viele geistig- und körperlich behinderte Menschen eine berufliche Heimat gefunden, womit Erkelenz auch einen ganz wichtigen sozialen Beitrag im Kreis Heinsberg erbringt.
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Schließlich haben wir uns auch der gewaltigen Herausforderung der Umsiedlung gestellt.
Trotz all dieser Maßnahmen konnten wir bis vor zwei Jahren stets regulär ausgeglichene Haushalte verzeichnen und haben unseren Schuldenstand um fast 1/3 gekürzt.
Mit einer schlechten Haushaltsführung – liebe Freunde von der Bürgerpartei – hätten wir das nie schaffen können!
Aber woran liegt dann unser Problem?
Die Antwort ergibt sich zwangsläufig, wenn man die nackten und nüchternen Zahlen der Landeszuweisungen betrachtet.
Schlüsselzuweisungen 2009: 13,6 Mio.
Schlüsselzuweisungen 2012: 4.8 Mio.
Differenz: 8,8 Mio.
ein Rückgang um 65 %!!!
Fazit:
Damit trägt diese Landesregierung ganz maßgeblich zum finanziellen Niedergang der ländlichen, kreisgebundenen Kommunen in NRW bei und dies nur in der vagen Hoffnung, hierdurch einige wenige, grenzenlos verschuldeten Kommunen retten zu können, obwohl sich diese wegen der damit verbundenen Einschränkungen mit Händen und Füßen gegen eine solche Rettung wehren!
Liebe Zuhörerinnen und Zuhörer,
ich weiß nicht wie es Ihnen ergeht, ich jedenfalls habe die Nase von einer solchen Haushaltspolitik gestrichen voll!!!
2. Wirkung:
Kommen wir zur Frage Nr. 2, welche Auswirkungen hat diese Entwicklung konkret für Erkelenz?
Zur Beantwortung dieser Frage lohnt es sich einmal in den Vorbericht des Kämmerers zum Haushalt 2012 zu schauen und hier insbesondere in die Position „Zuwendungen und allgemeine Umlagen“
Sicherlich kann nur sehnsüchtiges Wunschdenken Herrn Schmitz dazu verleitet haben, die Formulierung „Schwergewicht“ für die Schlüsselzuweisungen von seinem Amtsvorgänger zu übernehmen.
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Aber bereits einen Satz später prallt auch Herr Schmitz dann auf dem harten Boden der Tatsachen auf und es folgt die zentrale und wichtigste Aussage im diesjährigen Haushaltsentwurf:
(Zitat: „In der mittelfristigen Finanzplanung werden die „Zuwendungen und allg. Umlagen“ unter Berücksichtigung der Orientierungsdaten erst wieder in 2015 den Stand von 2012 erreicht haben. Eine Angleichung an dem Niveau von 2009 scheint nach heutigem Kenntnisstand unmöglich.“ – Zitatende).
Liebe Ratsmitglieder,
genau das sind nun mal die harten Fakten:
I.) Wer innerhalb von drei Jahren durch Fremdeinflüsse über 10% seiner gesamten Erträge verliert, kann keine schwarzen Zahlen mehr schreiben
und
II.) auf Hilfe „von außen“ dürfen wir weder jetzt noch in nächster Zukunft hoffen.
3. Wie gehen wir damit um:
Und damit wären wir auch bei der Beantwortung der dritten Frage, an der wir als FDP auch unsere diesjährige Haushaltsentscheidung fest machen:
Wie gehen wir damit um?
Seit Jahren kämpft die FDP für eine nachhaltige und verantwortungsvolle Haushaltspolitik, die uns jetzt noch Luft zum Atmen lässt, aber auch die Handlungsspielräume künftiger Generationen sicherstellt.
Möglichkeit 1:
Darum lehnen wir es entschieden ab, den Kopf in den Sand zu stecken und ansonsten nichts unternehmen, weil es ja bis 2014 noch gut gehen wird.
Würden wir dem Beispiel einer Nachbarkommune folgen und diesen Lösungsweg einschlagen, wäre sicherlich die jetzt beschlossene und von der IHK kritisierte Anhebung der Hebesätze für die Grundsteuer B und die Gewerbesteuer nicht notwendig. An dieser Front wäre vorläufig Ruhe.
Aber zu welchem Preis!?!
Wir würden die Probleme dadurch ja nicht lösen sondern nur vergrößern und auf die nächste Ratsgeneration übertragen, Die Haushaltssicherung wäre nach 2015 nicht mehr zu vermeiden und statt auf 420 % müsste dann zum Beispiel auch der Gewerbesteuersatz auf 590 % steigen.
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Für Gewerbetreibende, die sich langfristig stabil aufstellen müssen, sicherlich auch ein ganz wichtiger Punkt bei der Standortentscheidung, denn was nützen mir zwei drei Jahre Ruhe, wenn es danach doppelt und dreifach schlimm kommt.
Jetzt nichts zu unternehmen wäre kurzsichtig, unvernünftig und der nächsten Generation gegenüber einfach unsozial.
Möglichkeit 2:
Eine Radikalkürzung der freiwilligen Leistungen kommt für die FDP aber ebenfalls nicht in Betracht!
Unsere freiwilligen Leistungen bilden die Basis für ein lebens- und liebenswertes Erkelenz. Unsere Kulturprogramme, das Vereinsleben, die sozialen Programme, Sport und Freizeitgestaltung sowie der Ausbau unserer Infrastrukturen werden durch sie erst ermöglicht.
Diese Leistungen um 65 % zu kürzen, wie es für einen Haushaltsausgleich notwendige wäre, hätte für die Lebensqualität in unserer Stadt extrem negative Folgen. In Erkelenz würden im wahrsten
Sinne des Wortes
die Lichter ausgehen“.
Möglichkeit 3:
Für die FDP gibt es daher nur eine einzige, wirklich sinnvolle Alternative, nämlich die, alle freiwilligen Leistungen konsequent aber auch überlegt zu prüfen und – wie von unserem Herrn Münster bereits 2008 gefordert – dem Notwendigen Vorrang vor dem Wünschenswerten zu geben.
Spätestens seit der Bildung der AG Sparen im Jahr 2010 sind wir diesbezüglich genau auf dem richtigen Weg.
Die Verwaltung hat bewiesen, dass sie bereit ist sich den besonderen Anforderungen der Haushaltskonsolidierung zu stellen und auch wir als Mitglieder dieses Rates haben offensichtlich bis auf wenige Ausnahmen endlich verstanden, dass das Thema viel zu ernst ist, als dass es sich für parteipolitische Streitereien eignet. Es schreit förmlich nach einem überparteilichen Konsens, denn es gibt keine Alternative, wenn wir die Spielräume für unsere freiwilligen Leistungen nachhaltig, also auch über den mittelfristigen Planungszeitraum hinaus erhalten wollen.
Diesen Weg, müssen wir aber auch konsequent weiter verfolgen.
Darum fordern wir Bürgermeister und Fraktionen auf, bereits in der nächsten Sitzung der AG Sparen eine Antwort auf die Frage zu finden, wie sich der Stadtrat selbst aktiv in den Sparprozess einbringen kann. Wir meinen nämlich, dass wir dies nach den nunmehr beschlossenen Steuererhöhungen den Menschen in unserer Stadt einfach schuldig sind!
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Zudem sind wir auch der Meinung, dass die Politik endlich ihre Vorbehalte und Blockaden zu neuen Sparmöglichkeiten, wie z.B. der Interkommunalen Zusammenarbeit aufgeben muss. Die Mitarbeiter der Verwaltungen sind hier doch längst dabei, die Synergieeffekte und Sparpotentiale herauszuarbeiten und sollten dabei von der Politik aktiv unterstützt und nicht, wie leider bisher geschehen, gebremst werden.
Wir fordern daher den Landrat und die Bürgermeister genauso wie die Fraktionen in den Stadt- und Gemeinderäten und vor allem im Kreistag auf, nicht nur schöne Worte zu verkünden, sondern sich endlich konstruktiv und lösungsorientiert in diesen Prozess einzubringen!
Liebe Ratskolleginnen und Kollegen,
lassen wir den Worten Taten folgen,
es lohnt sich!
Entscheidung über Zustimmung
Meine sehr verehrten Damen und Herren,
im letzten Jahr habe ich meine Haushaltsrede mit dem sehr eindringlichen Aufruf beendet, gemeinsam Politik mit den Augen unserer Kinder zu machen und den Mut zur konsequenten, politischen Umsetzung des Notwendigen aufzubringen.
Genau hier hat sich nach unserer Auffassung eine Menge getan.
Darum sieht die FDP trotz der ernüchternden Zahlen dieses Haushaltsentwurfs und auch trotz einiger Einzelansätze die uns Bauchschmerzen bereiten, keinen Grund diesen Haushalt in Gänze abzulehnen.
Wir werden daher dem diesjährigen Entwurf der Haushaltssatzung zustimmen.
Damit verbinden wir aber auch die Hoffnung, dass der gefundene, überparteiliche Konsens trotz aller in 2013 und 2014 entstehenden Verlockungen auch bis in die nächste Ratsperiode hinein gehalten werden kann.
Dann – und nur dann-
hat Erkelenz Zukunft!
In der Ratssitzung am 08.02.2012 wurde der Haushaltsentwurf der Stadt Erkelenz für das Jahr 2012 verabschiedet. Die FDP unterstützt diesen Entwurf und den darin eingeschlagenen Weg der Haushaltskonsolidierung.
Die Rede des Fraktionsvorsitzenden Werner Krahe finden Sie hier: